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Ausgewählte Beiträge zur Technik von Dampfbooten
Hier eingestellt im März 2021 (Quelle Heft „Das Dampfboot“ 4/2019)
Wie funktioniert eine Rohrwalze ? Ernst Biemer Die Rohre in Dampfkesseln werden üblicherweise nicht eingeschweißt, sondern in die Kesselböden eingewalzt. In unserer Clubzeitschrift „Das Dampfboot“ findet sich regelmäßig auf den hinteren Seiten eine Anzeige der Fa. Schlechtriem, auf der stets auch Rohrwalzen abgebildet sind; bisher konnte ich mir nicht so recht vorstellen, wie die dort abgebildeten Werkzeuge funktionieren, bis ich jetzt selbst den Dampfkessel meiner BRUNEL mit neuen Rohren bestücken musste und dazu natürlich auch eine Rohrwalze brauchte. Da ich denke, dass beim Ansehen der Schlechtriem-Anzeige auch andere Vereinsmitglieder über die Funktionsweise einer Rohrwalze ins Grübeln kommen, möchte ich im Folgenden versuchen, die Funktionsweise einmal möglichst anschaulich zu beschreiben, denn so eine Rohr-walze ist ein wirklich cleveres Werkzeug. Bild 1 zeigt die Standard-Rohrwalze, wie ich sie für das Einwalzen von Rohren mit 19 mm Au-ßen- und 16 mm Innenduchmesser von der Fa. Schlechtriem bekommen habe; die Gesamtlän-ge des Dorns beträgt ca. 17 cm und die Länge des Walzengehäuses ca. 5 cm.  In den Bildern 2 und 3 habe ich mit Zeichnun-gen versucht, die Funktion der Rohrwalze an-schaulich zu machen. Bild 1:  Standard-Rohrwalze mit 3 Walznadeln Bild 2:  Funktionszeichnung einer Rohrwalze im Schnitt, mit  aufgeweitetem und in einen Kesselboden eingepresstem Rohr Grundsätzlich besteht die Rohrwalze aus 2 Funktionsteilen. Da ist zum einen der zentrale Dorn, der als Kegel mit einer ganz geringen Steigung ausgeführt ist und der am Ende einen Vierkant hat, damit man den Dorn mittels Windeisen drehen kann. Neben dem Dorn gibt es den eigentlichen Rohrwalzenkörper mit einem sehr filigranen Gehäuse mit Aussparungen für 3 Walznadeln; diese Walznadeln sind selbst auch konisch geschliffen und zwar mit einem solchen Kegelwinkel, dass sie einerseits auf dem kegeligen zentralen Dorn abrollen, aber sich außen genau in das aufzuweitende zylindrische Rohr einpassen.  Sehr clever ist nun, dass die Längsachse dieser 3 Walznadeln ganz leicht gegen die Längsachse des Dorns geneigt ist. Wird der Dorn z.B. mittels Windeisen im Uhrzeigersinn gedreht, dann drehen sich die Walznadeln (wie bei einem Nadellager) mit und versu-chen – infolge der leichten Schrägstellung ihrer Längsachse – das Gehäuse der Rohrwalze in das Rohr hineinzuziehen; das aber verhindert das Axialkugellager, das über eine Mutter mit dem Rohrwalzengehäuse verbunden ist und das den Rohrwalzenkörper am Rohrende festhält. Da die Rohrwalze nicht in das Rohr hi-neinwandern kann und das Rohr ja sonst auch nicht ausweichen kann, wandert der Dorn stattdessen weiter in das Rohr hinein und – weil er kegelig ist – drückt er die Walznadeln nach außen und weitet so das Rohr kontinuierlich von innen. Da alle Kegelwinkel sehr sehr klein sind, besteht zwischen Dorn und Walznadeln in Längsrichtung – selbst bei guter Schmierung z.B. durch Öl – stets Selbsthem-mung, so dass der Dorn niemals rutscht, sondern sich beim Drehen zuverlässig in das Rohr hineinzieht und so das Rohr über die sich mitdrehenden Walznadeln von innen aufweitet. Die am Dornende aufzuwendende Drehkraft ist – auch wieder wegen der sehr kleinen Kegelwinkel – vergleichsweise gering. Bild 3:  Funktionszeichnung mit der Rohrwalze in Aufsicht Bild 4 zeigt die Rohrwalze im Einsatz mit Antrieb durch ein großes Windeisen. Ein Überstand des Rohrendes ist dabei durchaus von Vorteil. Ganz wichtig ist, dass die Bohrungen für die einzuwalzenden Rohre auf Maß sauber gerieben wurden; eine Bohrung nur mit Bohrer gebohrt, wird erfahrungsgemäß beim Einwalzen oft nicht dicht werden, weil die Oberfläche des Bohrlochs dazu nicht sauber und glatt genug ist; auch ich selbst musste diese Erfahrung machen, was mich viel Zeit und einen komplett neuen Satz Rohre gekostet hat.  Informationen, wie weit ein Rohr letztendlich mit der Rohrwalze aufzuweiten ist, damit eine dichte Verbindung zwischen Rohr und Kesselwand entsteht, findet man auf der Internetseite der Fa. Schlechtriem. Auch hat mir Herr Schlechtriem selbst bei mehreren Anrufen sehr freundlich, gerne und auch ausführlich ohne jedweden Zeitdruck viele Tipps und Anleitungen zum Einwalzen von Rohren ge-geben. Bild 4:  Rohrwalze im Einsatz